Qualitätsstandards im Coaching

In diesem Artikel lesen Sie ein kurzes Resümee zur Zertifizierungslandschaft im Coaching.

Laut einer Studie der International Coaching Federation (ICF, 2023) gibt es derzeit ca. 30 800 sogenannte »Life & Business Coaches« auf dem westeuropäischen Markt, die insgesamt einen jährlichen Umsatz von rund  1,308 Mio Euro generieren. Generell lässt sich sagen, dass die Anwendung von Coaching im internationalen Kontext weit verbreitet und mittlerweile im beruflichen und privaten Bereich gut etabliert ist. Obwohl Coaching nicht in allen Ländern zu den reglementierten Gewerben zählt, wie das in Österreich der Fall ist, zeichnet sich im nationalen und internationalen Kontext ein deutlicher Trend zu Zertifizierungen ab.
Demnach fällt die Orientierung für Ausbildungsinteressierte schwer, gilt es doch zum einen, methodische Herangehensweisen und Präferenzen sowie die Qualität der vielfältigen Angebote abzuwägen. Um ein konsistentes Coachingangebot sicherzustellen, nutzen Coaching-Institute zunehmend das Akkreditierungsangebot von Coaching-Verbänden. Während sich (private) Coaching-Kunden gerne an Empfehlungen orientieren, engagieren v. a. international ausgerichtete Organisationen meist nur noch Coaches, die eine entsprechende Zertifizierung vorweisen können.

Akkreditierung und Zertifizierung

Um eine weitläufige Anwendung von einer beruflichen Profession abzugrenzen und damit einhergehend Ausbildungsstandards und Einhaltung ethischer Richtlinien zu garantieren, wurden von nationalen und internationalen Wirtschafts- und Coachingverbänden Zertifizierungen von Coaches und Akkreditierungen von Ausbildungseinrichtungen vorangetrieben. Das suggeriert eine Vielfalt an Qualitätskriterien, anhand derer sich Coachingausbildungen orientieren können. So gibt es in Österreich mehrere Initiativen, Coaches im deutschsprachigen Raum Zertifizierungsmöglichkeiten zu geben. Nachfolgend wird ohne Anspruch auf Vollständigkeit ein erster grober Überblick über diese Zertifizierungsmöglichkeiten gegeben.

Kompetenzzertifizierungen zum Business Coach

Der Österreichische Dachverband für Coaching und der Deutsche Bundesverband für Coaching haben 2019 gemeinsam die International Organization for Business Coaching (IOBC) gegründet, ein Dachverband, der sich der Qualitätssicherung im Business Coaching verschrieben hat. Der IOBC erarbeitet in einem Coach Competence Modell (CCM) fünf Kompetenzfelder, wobei ein Kompetenzkriterium u. a. die Fach- und Feldkompetenz des Coaches ist, um neben der psychologisch orientierten Gesprächsführung auch die berufsspezifischen Themen der Kunden inhaltlich erfassen zu können. Daneben werden weitere Kompetenzen für Coaches beschrieben, die in ihrem Zusammenspiel eine umfassende Rollenbeschreibung eines Coaches ergeben. Zertifizierungsmöglichkeiten umfassen je nach Ausbildung und Erfahrung die folgenden drei Level: Associate Coach (IOBC), Professional Coach (IOBC) und Senior Coach (IOBC).
Ebenfalls bietet die Wirtschaftskammer Österreich in Zusammenarbeit mit der »UBIT-Akademie incite« eine fundierte Zertifizierung zum Business Coach an, zu der formal u. a. ein Gewerbeschein »Unternehmensberatung und IT« notwendig ist.

ISO 17024-Kompetenzzertifizierung

Um angehenden Coaches und Ausbildungsinstitutionen eine über die Verbandsgrenzen hinaus geltende Zertifizierung bzw. Akkreditierung zu ermöglichen, arbeiten der Österreichische und der Deutsche Coaching Dachverband mit der ISO-17024-Zertifizierung »Coach«. Voraussetzungen sind Kenntnisse und Fertigkeiten, die sich direkt auf die Kommunikation im Coaching-Gespräch beziehen und sowohl Ausbildungsinstitutionen als auch Coaches Orientierung bieten.
Daneben bieten international agierende Coaching-Vereine ebenso weltweit anerkannte Zertifizierungsmöglichkeiten.

Zertifizierungen im Kontext international gültiger Kernkompetenzen

Die International Coaching Federation (ICF) bietet seit 1998 eine weltweit anerkannte Akkreditierung für Ausbildungseinrichtungen und Zertifizierungsmöglichkeit für Coaches. Je nach nachgewiesener Coachingerfahrung und Qualität des Coachings können die folgenden drei Zertifizierungslevel erreicht werden: Associate Certified Coach (ACC), Professional Certified Coach (PCC), Master Certified Coach (MCC). Während im Grundgedanken viele Überschneidungen zu den Kriterien des österreichischen und deutschen Dachverbandes bestehen, liegt das größte Unterscheidungsmerkmal in der Erfordernis der Fach- und Feldkompetenz, welches die ICF nicht verlangt. Der Fokus der ICF-Zertifizierungen liegt darauf, eine Partnerschaft mit dem Coachee herzustellen und dabei das »Wer« (Person) und das »Was« (Thema) zu coachen.
Das European Mentoring and Coaching Council (EMCC) bedient eine etwas weiter gefasste Zielgruppe und stellt Akkreditierungsmöglichkeiten für Coaches, Mentoren und Supervisoren auf individueller, Team- und Programmebene zur Verfügung. Für Coaches und Mentoren wird ein gemeinsamer Kompetenzrahmen verwendet; anhand dessen das Verhalten der Coaches eingeschätzt und entsprechend einem Kompetenz-Level (Foundation, Practitioner, Senior Practitioner, Master Practitioner) zugeordnet werden kann. Die hinterlegten Verhaltensindikatoren dienen ausdrücklich als Leitfaden und sind nicht explizit bei der Zertifizierung nachzuweisen. Im Unterschied zu den oben beschriebenen Kompetenzmodellen wird hier das Ethik-Kriterium nicht angegeben, obwohl es Teil der Zertifizierungsinhalte ist. Auf der anderen Seite sind Coaches angehalten, eine Spannbreite von Methoden und Modellen zu kennen und einzusetzen, sowie auf Master-Level einen Beitrag zur Entwicklung der Profession zu leisten.

Fazit
Die Gemeinsamkeit der Verbände liegt in dem Willen und der Vision, die Qualität von Coaching zu erhöhen. Alle Verbände arbeiten mit ethischen Richtlinien und Qualitätskriterien für die Ausbildung. In der Regel sind für die Zertifizierung entweder Jahre an Coaching­erfahrung oder eine bestimmte Menge an Coaching-Dienstleistungen nachzuweisen, sowie eine Form des Leistungsnachweises (z. B. Prüfung) zu erbringen. Des Weiteren wird in Kooperation mit Universitäten und Fachhochschulen die Forschung vorangetrieben, mit dem Ziel, die Professionalisierung von Coaching zu fördern. Es gilt jedoch kritisch zu hinterfragen, ob das die Orientierung für Ausbildungsinteressierte erhöht.

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Gastautor
Steffi Bärmann
Academic Expert & Lecturer an der FHWien der WKW.
www.fh-wien.ac.at

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Gastautor
Christina Schweiger
Head of Human Resources & Organization Study an der FHWien der WKW.
www.fh-wien.ac.at