Von der Gruppe zu einem Team

»Team« ist seit vielen Jahren ein Modewort in vielen Firmen. Ein Unternehmen, das auf Teamarbeit setzt, gilt als modern und effizient. Doch mehrere Mitarbeiter, die zusammenarbeiten, sind noch lange kein Team. Was es dazu braucht, lesen Sie in diesem Artikel.

Sie kennen bestimmt folgende Situation: Sie sitzen in einem Kaffeehaus oder einem Restaurant und wollen eine schöne Zeit verbringen. Viele Kellner schwirren um Sie herum. Der eine fragt, was sie gerne möchten, der andere bringt es Ihnen – allerdings ohne die erbetenen Sonderwünsche. Die Sojamilch wurde durch normale Milch ersetzt, der Beilagentausch hat auch nicht so geklappt. Hier mangelt es offensichtlich an Kommunikation unter den Mitarbeitern. Jeder erledigt zwar seinen Job, aber eben nicht im Sinne eines Teams.
Nehmen wir ein anderes Beispiel. Sie betreten (in früheren Zeiten) ein Flugzeug. Die Crew ändert sich dort täglich. Und doch funktioniert alles. Alle wissen exakt, was jeweils ihre Rolle ist und was sie zu tun haben.
Diese Beispiele zeigen, dass Menschen, die zusammenarbeiten, noch lange kein Team sind. Eine mögliche Definition von Team ist: eine Gruppe von Personen, die gemeinsam an einer Aufgabe arbeiten. Ergänzen könnte man noch: um ein gemeinsames Ziel zu erreichen. Denn erst dann wird man wirklich zu einem Team. Um ein »Wir-Gefühl« zu erreichen, setzen Unternehmen auf unterschiedliche Events oder Trainings. Unter Teamtrainings sind alle jene Maßnahmen zu verstehen, die getroffen werden, um die Zusammenarbeit im Team zu verbessern und die Motivation der Teammitglieder zu erhöhen. Nicht jedes Teamtraining hat jedoch den gleichen Zweck, daher muss strikt unterschieden werden zwischen einem echten Training und einem Incentive-Event.
Anna Langheiter (Expertin für Trainingsdesign) erklärt: »Teamtrainings haben das klare Ziel, eine verbesserte Zusammenarbeit des Teams zu bewirken. Das Herausarbeiten von Stärken und Schwächen der Teammitglieder, die Kommunikation über den bestmöglichen Einsatz von Mitarbeitern, das Besprechen von Konflikten und besseren Möglichkeiten der Zusammenarbeit ist das Ziel der Veranstaltung. Die Grundlage ist ein detailliertes Auftragsklärungsgespräch mit dem Auftraggeber, manchmal macht es sehr viel Sinn, auch mit Teammitgliedern Gespräche vorab zu führen. Der Teamtrainer plant dann die Maßnahme, bei denen bei mir bevorzugterweise Tools z.B. von Metalog vorkommen. Diese werden auf die jeweilige Situation maßgeschneidert, damit ›interessante‹ Verhaltensweisen gezeigt und somit besprechbar gemacht werden. Am Ende des Teamtrainings werden mit einem klaren Maßnahmenplan Brücken in den Alltag gebaut, damit die Veränderung auch stattfinden kann. Im Gegensatz dazu sind Teamincentives solche  Events, bei denen der Spaß klar im Vordergrund steht. Unternehmungen werden alleine, in Kleingruppen oder der Gesamtgruppe durchgeführt. Das können eine Schnitzeljagd in einer Stadt sein, das Begehen eines Hochseilgartens, Raften, Kartfahren und auch musikalische Events wie eine Drum-Session. Bei der Planung und Durchführung geht es darum, für den Spaß zu sorgen. Das ist vollkommen legitim und darf auf keinen Fall zu kurz kommen. Aber man darf nicht erwarten, dass nach einem Spaßevent die Probleme im Team aus der Welt geschaffen sind.«

Hochseilgarten oder Fl0ßbauen werden schon seit vielen Jahren für Teamevents verwendet. Das kann sowohl ein pures Incentive sein – oder, wenn ein professioneller Trainer dabei ist – durchaus ein echtes Teamtraining werden.

Günther Mathé (Geschäftsführer careercenter): »Gerade für neu entstandene Teams bzw. Teams, die gewachsen sind oder sich stark verändern, eignen sich diese ›klassischen‹ Übungen immer noch sehr gut. Für langjährige Teams besteht für uns als Personalentwickler immer wieder die Herausforderung, Teamübungen zu kreieren und anzubieten, die diese Teams fordern und fördern. Abwandlungen der klassischen Übung bieten sich hier gut an.«

Relativ neu am Markt ist ein Teamtraining in einem A320-Flugsimulator. TRAiNiNG hat darüber bereits in der Ausgabe 4/20 ab Seite 36 berichtet. Was ist das Besondere daran?
Hans Härting (Kapitän bei Austrian Airlines und Trainer): »Das Training am Flugsimulator ist interaktiv, emotional und intensiv. Die Teilnehmer haben die Aufgabe, in einem fachfremden Umfeld komplexe Aufgaben zu lösen. Im Flugsimulator sind vollkommen andere Skills gefragt als rein fachliches Wissen. Im Fachjargon werden diese Skills ›Non Technical Skills‹ genannt. Diese sind für den eigenen Erfolg und den des Teams unerlässlich. Zu den ›nicht-technischen Fähigkeiten‹ zählen geeignetes Führungsverhalten, strukturierte Kommunikationsmethoden oder das Treffen von Entscheidungen unter Einbindung des Teams. Obwohl das Vorhandensein dieser Skills als Voraussetzung für sicheres Arbeiten in jeder Branche gilt, werden sie kaum trainiert. Herkömmliche Classroom-Trainings schaffen es nicht, diese Art von Intensität und Betroffenheit auszulösen, die im Flugsimulator-Training zu beobachten ist, und die eine Verankerung des neuen Wissens ermöglicht.«

Ein gemeinsames Ziel erhöht das Teamgefühl. Sie alle kennen das Zitat von Antoine de Saint-Exupéry: »Wenn du ein Schiff bauen willst, dann trommle nicht die Männer zusammen, um Holz zu beschaffen, Aufgaben zu vergeben und die Arbeit einzuteilen, sondern lehre die Männer die Sehnsucht nach dem weiten, endlosen Meer.« Und das gilt auch für die Wirtschaft.

Monika Herbstrith-Lappe (Geschäftsführerin Impuls & Wirkung): »Ich habe viele Interviews mit Regisseuren geführt und dabei gefragt, wie sie vorgehen, damit möglichst rasch aus Schauspielern ein gut funktionierendes Ensemble wird. Dabei habe ich verwunderte Blicke geerntet. Erst als sie gemerkt haben, wie ernst ich meine Frage meine, haben sie mir geantwortet, dass sie KEINE besonderen teambildenden Maßnahmen brauchen, weil alle eine gute Inszenierung wollen und dieses gemeinsame Ziel stärker ist als jede Simulation wie z. B. gemeinsames Kochen etc. sein könnte. Evolutionspsychologen gehen davon aus, dass wir Homo Sapiens uns gegenüber den Neandertalern durchgesetzt haben, weil wir Sinn- und Wertegemeinschaften bilden können. Es erfüllt uns mit Stolz, an der Schaffung großer, für uns sinnvoller Vorhaben teilzuhaben.«

Ziele von Team-Events

Bei Teamtrainings steht nicht das Individuum im Vordergrund. Es geht vielmehr um das Lernen der Gruppe oder eben eines Teams. Kommt eine Führungskraft von einem Leadership-Training zurück ins Büro, hat sie (hoffentlich) neue Verhaltensmuster gelernt. Häufig werden diese im täglichen Arbeiten jedoch abgelehnt, weil das Team keine Ahnung hat, was das veränderte Verhalten plötzlich soll – und entsprechend verwirrt ist. Die Führungskraft hat zwar etwas gelernt, aber eben nicht ihre Abteilung. Maßnahmen zum Teamtraining setzen daher dort an, wo ein Mangel an sozialen Fähigkeiten in der Gruppe vorhanden ist, wie z. B. Kommunikationsprobleme, Beziehungsprobleme oder Autoritätsprobleme. Bevor Unternehmen daher etwas für ihr Team tun möchten, ist es essenziell, die konkreten Probleme zu analysieren und mit dem Trainer die Ziele zu besprechen.

Anna Langheiter: »Als Auftragnehmerin stelle ich eine einfache Frage: ›Was soll sich nach dem Event ändern?‹ Lautet die Antwort: ›Die sollten einfach nur Spaß haben!‹, dann plane ich ein Team-Incentive und bleibe mit allem schön an der Oberfläche. Will der Auftraggeber wirklich etwas ändern, dann wird die Vorbereitung intensiver und auch der Tag selbst wird detailliert durchgeplant, und man darf als Trainerin jederzeit achtsam und flexibel sein.«

Hans Härting: »In unseren Teamtrainings soll jeder Teilnehmer tatsächlich ›erleben‹ können, wie und wodurch erfolgreiche Teamarbeit entsteht. Im Gegensatz zu herkömmlichen Team­events geht es nicht darum, dass sich am Ende des Teamtrainings alle ›lieb haben‹. Es geht darum, aufzuzeigen, warum ein Flugzeug effektiv und effizient betrieben werden kann, obwohl die Cockpit-Crew täglich wechselt und sich oft zuvor gar nicht kannte. Das Aufzeigen der dafür benötigten Strategien und Techniken stellt eine wichtige Zielsetzung des Teamtrainings dar. Dazu gehört die Struktur in Bezug auf das Treffen von Entscheidungen, Kommunikation und Kooperation. Wir können aufzeigen und nachvollziehbar machen, wie wichtig die (fast) immer strikte Einhaltung aller vereinbarter Regeln ist. In unserer Beratertätigkeit sehen wir oft, welcher wirtschaftliche und sicherheitsrelevante Schaden entsteht, wenn Einzelne sich nicht an für alle gültige Regeln halten.«

Bei Teamtrainings geht es einerseits um Skills, wie »Kommunikation im Team« und andererseits soll ein Teamgefühl entstehen.

Monika Herbstrith-Lappe: »Auf einer deutschen Autobahnbrücke steht zu lesen: ›Sie stehen nicht im Stau. Sie sind der Stau.‹ Ein erfolgreiches Team ist dadurch gekennzeichnet, dass sich die Einzelnen mit dem Team-Ziel und -Erfolg identifizieren. Jedes ICH engagiert sich als Teil vom WIR. Nur dann stimmt die immer wieder aufgestellte Behauptung, dass bei einem Team 1 + 1 > 2 ergibt. Fehlt diese starke Identifikation mit dem gemeinsamen Ergebnis ist 1 + 1 < 2 gültig. Das Phänomen nennt sich ›soziales Faulenzen‹. Ein gutes Teamtraining fördert TEAM im Sinne von Together Everybody Achieves More: Der gegenseitige Ansporn führt dazu, dass jeder Einzelne mehr leistet.«

Günther Mathé: »Ziel ist es vor allem, die Kommunikation, den Informationsfluss und die Zusammenarbeit im Team zu verbessern, Steigerung der Kreativität für Problemlösungen und die Mitarbeiter zu motivieren. Der Austausch zwischen einzelnen Mitarbeitern (z. B. erfahrene und junge) soll gefördert werden und so das gesamte Wissen besser genutzt und auch langfristig im Unternehmen gehalten werden.«

Social Distancing und Teamevents

Durch Corona ist derzeit Teamarbeit eingeschränkt. Die Teams im Unternehmen werden häufig in Gruppen eingeteilt, die abwechselnd im Home-Office sind. Das ist natürlich für ein Zusammengehörigkeitsgefühl nicht förderlich. Daher gibt es häufig einen Austausch im Team via Zoom oder anderen Plattformen.
Monika Herbstrith-Lappe: »Die Vielfalt von Mixed Teams macht kreativ und innovativ, weil sie zusätzliche Sichtweisen erschließt und das Handlungsrepertoire erweitert. Mehr Möglichkeiten sind mehr Chancen. Erfolgreiche Teams sind von verbindenden Gemeinsamkeiten und bereichernden Unterschiedlichkeiten geprägt. Zu überwinden gilt es kontraproduktive Machtspiele wie ›wer ist wichtiger?‹ oder ›wer ist besser?‹. Wenn jeder seine persönlichen Stärken einbringt und das Anderssein der anderen würdigt, erschließen sich wertvolle Synergien. Dieser Austausch von individuellen Beiträgen für gemeinsame Erfolge geht in interaktiven Online-Formaten nahezu so gut wie in Präsenzveranstaltungen.«

Hans Härting: »Aufgrund Corona haben wir die Teilnehmerzahl im Flugsimulator auf vier Personen beschränkt. Das gibt uns die Möglichkeit, jeweils zwei Teilnehmer fliegen zu lassen, während die anderen zwei Teilnehmer durch Zusehen und Beobachten lernen. Besonders in Zeiten von Corona gilt es zu begreifen, wie wichtig Regeleinhaltung im Team ist, um weder sich selbst noch andere zu gefährden. Wir wollen mit unseren Trainings dazu beitragen, die Qualität der Kooperation zu verbessern und die Teamresilienz zu stärken. Im Sinne der Trainingsinhalte ist die Corona-Krise für uns ein ›Verstärker‹. Die Teilnehmer verstehen schnell, wie wichtig es ist, Rücksichtnahme mit Regeleinhaltung und adäquater Kommunikation zu kombinieren.«
Günther Mathé: »Reine Online-Teamtrainings sind schwierig, das hat uns die Erfahrung der letzten Monate gezeigt. Das direkte Arbeiten miteinander, das klassische hemdsärmelige Face-to-Face ist für viele Mitarbeiter wichtig. Eine Kombination aus Online und Präsenz hat sich für uns als Version mit vielen Vorteilen herausgestellt. Teams können einfacher längerfristig begleitet werden, da Anfahrtszeiten und Kosten für Übernachtungen nicht so oft anfallen. Zwischendurch können kurze Inputs an die Mitarbeiter online weitergegeben werden, die sie sofort in ihre berufliche Tätigkeit mit einbauen können. Individuelle Coachings und Erfahrungsaustausch mit Trainern sind einfach und schneller organisier- und umsetzbar.«

Fazit
Gerade in Zeiten von erzwungener Distanz im Team sind Teamevents jeglicher Art ein Gewinn für die Unternehmen. Je nachdem, welches Ziel erreicht werden soll, gibt es verschiedene Angebote am Markt. Sprechen Sie in Ruhe mit dem Trainer Ihre Anliegen durch, bevor Sie ein Teamtraining buchen. Durch das Herausarbeiten eines gemeinsamen Zieles und gemeinsamer Werte kann die Zusammenarbeit im Team stark gesteigert werden.

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